„Problem nicht gelöst“

DISKRIMINIERUNG Am heutigen Welttag gegen Rassismus fordern die Grünen mehr Beratung

■ 49, migrationspolitische Sprecherin der Grünen, ist im Vorstand des Netzwerks türkischstämmiger MandatsträgerInnen.

taz: Frau Demirel, wohin können sich Migranten wenden, die sich in Hamburg diskriminiert fühlen?

Filiz Demirel: Inzwischen gibt es in der Stadt nur noch eine einzige Antidiskriminierungsberatung – den Verein „Basis & Woge“. Von 2009 bis 2010 gab es außerdem die „Arbeitsstelle Vielfalt“. Sie war bei der Justizbehörde angesiedelt und befasste sich mit Antirassismus, Gleichstellung, Geschlechtergerechtigkeit. Erste Regierungshandlung des SPD-Senats 2011 war allerdings die Auflösung dieser Arbeitsstelle.

Und die Beratung von „Basis und Woge“ reicht nicht aus?

Nein. „Basis und Woge“ hat ein Jahresbudget von 20.000 Euro. Davon kann man nicht einmal eine ganze Stelle finanzieren. Für die Millionenstadt Hamburg, in der jeder Dritte einen Migrationshintergrund hat, ist das zu wenig.

Wie viele Beratungsstellen braucht Hamburg?

Ich kann es nicht genau beziffern, aber klar ist, dass wir in allen Bezirken niedrigschwellige Angebote brauchen. Es wäre gut, wenn in jedem Bezirk – sei es im vorhandenen Integrations-Center oder im Bezirksamt – ein Mitarbeiter für Antidiskriminierungsberatung zuständig wäre.

Warum fordern Sie außerdem die Wiederbelebung der „Arbeitsstelle Vielfalt“?

Weil wir auch eine zentrale Stelle brauchen, die „aufsuchende Arbeit“ leistet. Die in Verwaltung, Jobcentern und Schulen schaut, wo Diskriminierung entsteht und für die Politik Empfehlungen zur Prävention ausarbeitet. Denn es geht ja auch darum, strukturelle Diskriminierung etwa im Bewerbungsverfahren abzuschaffen. Dafür müssen die Behördenmitarbeiter für das Problem sensibilisiert werden.

Aber reichen da Gespräche, braucht man nicht eher eine Migrantenquote?

Die schwarz-grüne Regierung hatte ja das Ziel, in der öffentlichen Verwaltung auf einen Migrantenanteil von 20 Prozent zu kommen. Die werden wir bald erreicht haben. Grundsätzlich bin ich aber eher für Zielquoten. Denn feste Quoten könnten ja wiederum eine Diskriminierung der Mehrheitsgesellschaft bedeuten.

Anlass Ihrer Forderung ist der heutige Welttag gegen Rassismus. Bewegt ein einzelner Tag wirklich etwas?

Ja – insofern, als er symbolische Wirkung hat und für ein Problem sensibilisiert, das noch längst nicht gelöst ist.  INTERVIEW: PS

Aktionen zum Welttag gegen Rassismus: www.internationale-wochen-gegen-rassismus.de/veranstaltungen/